Lange vor unserer Abreise nach Sambia kam uns die Idee, ein neues Projekt an der Mackenzie Schule ins Leben zu rufen: Kunstlektionen. Damit dieses Projekt nicht nur auf dieser Seite der Erdkugel Sinn machte war es natürlich wichtig, dass wir mit unseren Erwartungen so nah wie möglich an der Realität waren. Gespräche mit dem iChange Team und einer ehemaligen Kunstlehrerin, die selbst schon öfters in Afrika war, halfen uns bei der Vorbereitung auf den Aufenthalt in Sambia.
Da wir während den Ostertagen in Ndola ankamen, blieben wir die ersten Tage zu Hause bei der Gastfamilie. Währenddessen erkundeten wir erstmals unsere Umgebung und nisteten uns in unserem bescheidenen Häuschen ein. Ein gut funktionierender Haushalt musste her, und durch die Ausflüge in die Stadt mit dem Bus oder dem Fahrrad wurde unser Orientierungssinn ausgebaut. Ausserdem wurde es vom ersten Tag an zum Ziel der Chisha-Familie, uns das volle "African-Experience-Paket" zu bieten.
Trotz der guten Vorbereitung war der erste Schultag ein Sprung ins kalte Wasser. Anstatt der erwarteten 40 Schülerinnen und Schüler, blickten wir in die Gesichter von rund 80, 90 Kindern jeglichen Alters! Ausserdem hatten wir die Erwartungen an das Können der Schülerinnen und Schüler im Kunstbereich etwas zu hoch angesetzt. Schon das Zeichnen des Lieblingstieres bereitete ihnen Mühe, da viele das erste Mal einen Farbstift in der Hand hielten. Immer und immer wieder versuchten wir die Kinder zu motivieren und für das Thema zu begeistern. Es wurden Skizzen von Tieren angefertigt, Kinderhände über Blätter geführt und dann – geschah es! BOOM! Die kleinen Künstler waren nicht mehr zu bremsen. Jedes Kind wollte noch eins und noch ein Bild malen! Alle erwarteten beim Zeigen der Bilder ein Kompliment von uns, was mit einem breiten Grinsen bestätigt wurde. Jedes Kind wollte, dass das eigenangefertigte Bild sofort an der Klassenzimmerwand zu bewundern ist. Da waren wir sogar zu dritt (in der ersten Woche wurden wir von einer guten Freundin aus Südafrika begleitet) total überfordert und verzweifelte Blicke wurden ausgetauscht. Wegen der sprachlichen Barriere gelang es uns nicht, die Kinder zu beruhigen, doch zum Glück wurden wir immer von den Lehrern der Schule begleitet, die in solchen Situationen sofort einzugreifen wussten. Trotz der leichten Überforderung war dies einer der schönsten Erlebnisse, denn wir durften erleben wie sich die Kinder von 0 auf 100 motiviert haben und das in weniger als 20 Minuten.
Unsere ersten Erlebnisse im Sportunterricht sahen ganz ähnlich aus. Wir mussten feststellen, dass die Kinder uns auf diesem Gebiet weit überlegen sind. Ihre Energie und Ausdauer in der Hitze war grenzenlos - unsere leider eher begrenzt. Also wurde schnell klar, dass wir in diesen Lektionen vor allem die Ideenlieferanten waren. Und selbst bei der Umsetzung dieser Ideen, gab es neue Hürden zu bewältigen. Vieles war sehr neu für die Kinder, wie zum Beispiel am Anfang der Lektion einen Kreis zu machen. Diese Übung, die wir eigentlich als sehr leicht eingestuft hatten, dauerte schliesslich 30 Minuten. Also mussten wir beim Sport nochmals unsere Vorstellungen überdenken, damit das Umsetzen erleichtert werden konnte.
Im Waisenhaus war alles ganz anders. Dort sind wir sozusagen einfach mal "projektlos" hingegangen. Anfangs wussten wir nicht so richtig was unsere Aufgabe dort war. Waren wir "nur" zum spielen und knuddeln dort? Dies befriedigte uns nicht wirklich und daher ergriffen wir die Eigeninitiative. Wir baten die Angestellten uns zu sagen wenn irgendwo Hilfe benötigt wird, egal ob beim Windeln wechseln, füttern, kochen, waschen etc. Aber noch viel wichtiger war unsere Erkenntnis, dass man so viel mit so wenig machen konnte. "Nur" spielen und knuddeln war mehr wert als wir uns es jemals gedacht hätten. Einfach mal mit einem einzelnen Kind einige Stunden allein zu verbringen konnte ihm die Liebe und Aufmerksamkeit geben, die sonst eher untergeht, da die Angestellten keine Zeit dafür finden. Und so wurde die Zeit im Waisenhaus ein Ort mit vielen wertvollen Erfahrungen.
Schon schnell haben wir so etwas wie einen wöchentlichen Rhythmus gefunden. Wir unterrichteten jeden Dienstagnachmittag Sport, jeden Donnerstagnachmittag Kunst und die sonstigen Tage verbrachten wir im Waisenhaus. Auch wenn dieser Rhythmus ziemlich starr klingen mag, wurde uns niemals langweilig. Jedes Mal trafen wir neue Leute und langsam verwandelte sich die unübersichtliche Anzahl von Kindern in eine Menge von vielen Individuen mit charakterstarken Eigenschaften.
Mit der Zeit hatten wir auch den Mut, mehr zu machen und neues auszuprobieren. Zum Beispiel starteten wir ein Projekt im Waisenhaus, wo wir ein- oder zweimal pro Woche den Kindern Früchte anboten. Aber auch das kritische Denken und die Fähigkeit, unsere Grenzen im Helfen zu akzeptieren, mussten wir uns aneignen.
Die zwei Monate in Sambia gehören definitiv zu den schönsten Erlebnissen in unserem Leben. Nicht nur durften wir Erfahrungen in sozialer Hilfe machen, wir durften ein Land von seiner ganzen Vielfalt und Schönheit kennen lernen. Wir beide können uns sehr gut vorstellen, wieder einmal in dieses einzigartige Land zurückzukehren.
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